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Interview mit dem Künstler

Die Skulptur am TAO Gebäude wurde von David Mannstein geschaffen.

 

Wie war Ihr persönlicher Weg zur Kunst?

 

Wie viele Menschen habe ich bereits als Kind mit Begeisterung gemalt und gebastelt.  Auf dem Gymnasium habe ich einen sehr engen Bezug zur Kunst bekommen. Ein Kunststudium lag damals aber außerhalb meines Vorstellungshorizonts. Der im Rückblick viel zu lange Umweg über ein Handwerk führte schließlich doch noch zu meinem Kunststudium in Weimar – einer sehr großen Bereicherung und der Start in mein zweites Leben, zu dem auch meine Frau, die Künstlerin Maria Vill gehört, mit der ich im Team arbeite.

 

Mit welchen Materialien arbeiten Sie am liebsten – und warum?

 

Es gibt eine gewisse Bevorzugung von Metall wegen der scheinbar unbegrenzten konstruktiven Möglichkeiten, der Konnotation mit Technik, der haptischen und optischen Qualitäten. Und: Mir sind die Materialeigenschaften und die daraus resultierenden Möglichkeiten sehr vertraut.

 

Bei unserem konzeptuellen Vorgehen lassen wir uns aber nicht durch die Beschränkung auf ein Material einengen. Für die Herstellung der meisten Objekte arbeiten wir mit Fachfirmen zusammen, das gibt uns die Freiheit bei Material- und Technikwahl. Für das Kunstwerk für das TAO ist das – wie schon mehrfach – Kratzer Metallbau in Zittau.

 

Wie gehen Sie an neue Entwürfe heran?

 

Der öffentliche Raum ist kein Museum, welches anbietet durch einen Bilderrahmen in eine abgeschlossene Welt zu steigen. Man begegnet unserer Kunst in einer Situation im Alltag. Die Kunst draußen muss sich dem Passanten schnell erschließen. Durch den Bezug zum Ort und zum Kontext, inhaltlich wie formal schafft man ein Ensemble aus Kunst, Raum, Ort, Situation …, welches man mit allen Sinnen erlebt.

 

Wir setzen uns dazu mit dem Ort, seiner Funktion und Bedeutung auseinander. Selbstverständlich erkunden wir auch die räumlichen sowie die architektonischen Qualitäten. In dieser Forschungsphase tauchen erste Visionen frei von der Realisierbarkeit auf, die in der Folge – wir werfen uns die Bälle hin und her – konkretisiert werden.

 

Wie ist Ihr Entwurf für das TAO-Gebäude entstanden?

 

Auch der Entwurf für das TAO ist auf diese Weise entstanden. Ausnahmsweise haben wir in diesem Fall getrennte Vorschläge für den Wettbewerb eingereicht.

 

Was ist Ihre Idee hinter dem Kunstwerk und wie kann man sich die Installation als „Besucher“ erschließen?

 

Die Skulptur, nach natürlichem Vorbild technisch konstruiert, erinnert an sich im Wind wiegende Grashalme – stabil und beweglich, in der Erde verwurzelt, zur Sonne gewachsen, klein und doch von größter Bedeutung für das Leben auf unserem Planeten.

 

Sie lässt vielschichtige Interpretationsmöglichkeiten zu: In Anknüpfung an die Themenfelder Materialwissenschaften und Werkstofftechnologie spielt sie auf die Rolle der Natur als Inspiration und Vorbild für Wissenschaft und Forschung an.

 

[Das Interview mit dem Künstler führte Tanja Heinlein, Universität Bayreuth.]

 

Die Skulptur

 

Die Skulptur, nach natürlichem Vorbild technisch konstruiert, erinnert an sich im Wind wiegende Grashalme – stabil und beweglich, in der Erde verwurzelt, zur Sonne gewachsen, klein und doch von größter Bedeutung für das Leben auf unserem Planeten. Sie lässt vielschichtige Interpretationsmöglichkeiten zu: In Anknüpfung an die Themenfelder Materialwissenschaften und Werkstofftechnologie spielt sie auf die Rolle der Natur als Inspiration und Vorbild für Wissenschaft und Forschung an. Um Materialien nach dem Vorbild der Natur zu entwickeln und Dinge von Architektur bis hin zu Mikrotechnologien nach ihr zu konstruieren, bedarf es einer intensiven Forschung, einer Annäherung und Vergrößerung, um auch die kleinsten Details des natürlichen Bauplans zu erkennen und zu verstehen.

Die Halme symbolisieren aber auch das Forschungsfeld der Energietechnik, nutzen sie doch dieselben Energiequellen, wie wir Menschen. 

Auch für die Forschung in diesem Bereich ist es nötig, in kleinste Prozesse einzutauchen. Neuste Forschungen widmen sich auch der Photosynthese auf der Suche nach neuen Möglichkeiten der Energiegewinnung.

Die Dimension der Skulptur lädt zudem dazu ein, uns selbst und unsere Rolle für den Planeten Erde zu reflektieren. Wäre die Erde seit ihrer Entstehung einen Tag alt, würden wir erst seit drei Sekunden existieren. Die Skulptur macht bewusst, welch kurze Zeit wir auf der Erde sind, wie klein wir sind, wie wenig wir noch wissen und verstehen angesichts der Größe und der langen Geschichte der Erde. Und sie lädt ein, sich auch unseres großen Einflusses auf irdische Prozesse bewusst zu werden.

Es ist die Wissenschaft und Forschung, die mit ihren Erkenntnissen und Weiterentwicklungen, gerade im Bereich der Materialforschung und Energietechnik, Möglichkeiten findet, nicht von, sondern mit unserer Erde und unserer Mitwelt zu leben. Formal ergänzt die Skulptur mit der Betonung der Vertikalen die horizontale Struktur der Fassade mit ihren langen Fens

terbändern und Lamellen.

Durch ihre Größe in Relation zum Gebäude aber auch zu der modulierten „Landschaft“ mit Hügeln und kleinen Baumgruppen rechts und links des Eingangs entsteht ein Wechselspiel zwischen klein und groß, kurz und lang – räumlich wie zeitlich. Die Form referiert auf Bäume und Wiesen, die die Umgebung des Gebäudes prägen.

Durch die Umsetzung in Rot hebt die Skulptur sich zugleich von den natürlichen Vorbildern ab und fungiert als Bindeglied zwischen Umgebung und Gebäude, Natur und Kultur. Auch von weitem sichtbar, markiert sie den Standort der Forschungseinrichtungen, stiftet Identität und empfängt MitarbeiterInnen und Besucher.

 

Verwendetes Material: Edelstahl lackiert

Höhe der Halme: 18 m, 16 m, 14 m

[Autorin: Tanja Heinlein]

Kurzvita:

David Mannstein

Der Künstler David Mannstein wurde 1958 in Bad Hersfeld geboren und ist in Fulda aufgewachsen. Nach verschiedenen Studiumsversuchen und einem Meisterbrief studierte er in Weimar Freie Kunst, wo er die Künstlerin Maria Vill kennenlernte und seitdem mit Ihr das Künstlerduo Mannstein + Vill bildet. Sie leben in Berlin und arbeiten nahezu ausschließlich im öffentlichen Raum. Neben dauerhaften Installationen intervenieren sie auch temporär – bevorzugt in Form von Paste Ups, mit denen sie Fassaden gestalten.

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