Ich spreche Mathematik

Endlich können Schülerinnen und Schüler wieder mit dem Teilchenbeschleuniger an der Hochschule Coburg experimentieren. Im Rahmen des Schülerforschungszentrums der TechnologieAllianzOberfranken (TAO) werden nun Online- und Präsenzworkshops nach Maß angeboten. Außerdem gibt es ein Buch über das Coburger Lehr-Zyklotron COLUMBUS.

„Hat denn noch nie jemand von euch ein Zyklotron gesehen?“ Dieser Satz seines Dozenten an der Universität ist Christian Wolf heute immer noch im Ohr. Der hat ihn schließlich motiviert, viele Jahre später selbst eines zu bauen. Der ehemalige Lehrer für Mathematik, Physik und Informatik am Gymnasium Ernestinum in Coburg, erinnert sich, wie es dazu kam: „Durch ein Jugend-forscht-Projekt habe ich 2011 begonnen, mich theoretisch damit auseinander zu setzen. Ich dachte, man könnte ein kleines Zyklotron bauen, an dem die Schüler selbst ein bisschen rumexperimentieren können.“ Schließlich kommt das Thema Teilchenbeschleuniger in jedem Lehrbuch vor. Als Lehrer weiß Wolf worauf es ankommt: „Man kann in der Schule alles rauf und runter rechnen, aber natürlich bekommt man ein Zyklotron normalerweise nicht zu sehen.“ Ganz zu schweigen von den praktischen Experimenten, die an den, normalerweise großen Anlagen, gar nicht gemacht werden können. Genau an dieser Stelle setzt das Projekt COLUMBUS an: „Wir stellen den Schülern ein Kleinzyklotron zur Verfügung, an dem man den Beschleunigungsvorgang live miterleben und auch selbst Experimente machen kann“, erklärt Christian Wolf.

Wolf verfolgt das Projekt mit großer Leidenschaft. Gemeinsam mit dem Hochschulteam um Prof. Dr. Martin Prechtl und Prof. Dr. Joachim Jirmann, entstand im Labor für angewandte Vakuumtechnik - ermöglicht durch Leihgaben, Spenden und logistischer Hilfe vieler Firmen - die Anlage mit Namen COLUMBUS. Mittlerweile wurden mehrere Schüler- Bachelor- und Masterarbeiten dazu gemacht. So ist sie beständig verfeinert und erweitert worden. Im Rahmen eines Jugend-forscht-Projektes kam beispielsweise ein mechanisches Zyklotron dazu. Das wird nun dazu genutzt, den Schülerinnen und Schülern zu Beginn jedes Workshops das Wirkprinzip eines Teilchenbeschleunigers im Wortsinn greifbar zu machen. Professor Prechtl teilt die Leidenschaft zu dem Thema: „Es ist grandios, dass Christian Wolf diese Idee hatte und wir werden das Zyklotron in Zukunft noch weiterentwickeln und damit diese Erfolgsgeschichte weiterschreiben.“  

Für alle Technik-Interessierten

Gemeinsam mit Prof. Prechtl und Prof. Jirmann hält Wolf regelmäßig Workshops im Rahmen des TAO-Schülerforschungszentrums. Daran nehmen nicht nur hochbegabte Schülerinnen und Schüler aus ganz Oberfranken teil. Jeder und jede, der/die an Technik interessiert ist, kann hier profitieren. Wolf will, dass die Jugendlichen nicht nur das Gelernte aus der Schule festigen und die Formeln anwenden können: „Wir wollen, dass sie hier etwas für die Praxis und etwas Zusätzliches lernen. Denn das bildet genau das ab, was später Physiker oder physikalische Techniker machen müssen.“ Dazu gehört für ihn immer Mathematik. Sie ist für ihn der Schlüssel, um Phänomene der Natur zu erklären: „Wenn ich mit einem Engländer spreche, dann spreche ich Englisch, wenn ich mit der Natur spreche, spreche ich Mathematik.“ Das überzeugt.

Professor Prechtl vermittelt in den Workshops alles zum Thema Vakuumtechnik am Teilchenbeschleuniger. Er freut sich über das Interesse an der Physik: „Die Schülerinnen und Schüler kommen ja in ihrer Freizeit und ich bin begeistert, weil sie wirklich höchst motiviert dabei sind.“ Er will den jungen Menschen vor allem die Angst vor der Technik nehmen und stellt daher immer gerne den Anwendungsbezug der Physik in den Vordergrund. Wer sich noch mehr mit dem Thema befassen möchte, kann darüber lesen: Martin Prechtl und Christian Wolf haben als Begleitlektüre das Buch: Das Lehr-Zyklotron COLUMBUS im Springer Spektrum Verlag herausgebracht.

Neue Technik – Neue Workshops

Dank neuer Videotechnik können die Kurse nun wie Prechtl beschreibt: „ganz flexibel und elegant“, starten. Die Vor- und Nachbereitung wird online stattfinden, die Experimente in kleinen Gruppen vor Ort unter Einhaltung aller Hygieneauflagen. Außerdem, erklärt Wolf, besteht die Idee ein Modulsystem für Workshops, Weiterbildungen und Kurse zu entwickeln, welche die Lehrer selbst zusammenstellen können. „Hier ist alles möglich, von zwei Stunden bis zu zwei Tagen.“

Die nächsten Termine am Zyklotron in Coburg im Rahmen des TAO-Schülerforschungszentrums finden am 20. und 27. November, sowie am 4. Dezember 2020 statt. Informationen finden Sie hier.

 

12. Oktober 2020
Autorin: Pia Dahlem
Fotos: Hochschule Coburg/Julian Uebe

Christian Wolf am Herzstück der Anlage, dem Magneten
Zyklotron Detail: Den Blick ins Innere eines Teilchenbeschleunigers bekommt man nicht oft zu sehen
Am mechanischen Zyklotron kann man das Prinzip ganz einfach nachvollziehen